'Neue Frau 2.0',  Fashion

Die ‚Neue Frau 2.0‘: Modejournale in der Weimarer Republik (Teil 2)

Ein Vergleich der ‚Neuen Frau‘ in den Modejournalen der Weimarer Republik mit der Bloggerin auf ihren digitalen Plattformen im 21. Jahrhundert – hört sich im ersten Moment ein wenig abstrakt an, doch in der Artikelserie ‚Die ‚Neue Frau 2.0“ sollen Parallelen und Unterschiede dieser beiden Frauentypen beleuchtet werden. Doch um die Weiblichkeitsentwürfe verstehen zu können, ist es wichtig das Medium zu verstehen, auf dem sie sich präsentieren. Daher dreht sich in dem zweiten Teil dieser Themenreihe alles um die Modejournale in der Weimarer Republik. Wie haben sie sich entwickelt? Welche Inhalte wurden thematisiert? Ähneln sie den heutigen Magazinen? Welchen Stellenwert hatten Modejournale für die Frauen? Diese und noch weitere Fragen werden in den folgenden Zeilen beantwortet.

Die Situation der Modejournale in der Weimarer Republik

Noch vor dem Ersten Weltkrieg erfreute sich der Markt für Modejournale in Deutschland einer großen Beliebtheit und die Konkurrenz unter den Magazinen wurde stetig größer (Vgl. Zika 2006: 175). Zu Beginn des Krieges hielt diese Euphorie weiterhin an, doch die mit dem Krieg einhergehende wirtschaftlich schlechte Lage führte schließlich dazu, dass 1918 einige Zeitschriften in Konkurs gehen mussten. Die, die noch existierten, waren sowohl inhaltlich als auch optisch von geringer Qualität, während die Preise rapide in die Höhe stiegen (Vgl. Völkel 2006: 100).
Mit den beginnenden Goldenen Zwanzigern und den damit verbundenen gesellschaftlichen, politischen, technischen und kulturellen Umbrüchen, wuchs jedoch erneut die Nachfrage, auf qualitativ hochwertige Modejournale. Besonders die konsumorientierte Schicht der sogenannten ‚Neuen Frau’ waren willige Abnehmerinnen dieses Mediums, in denen das neue Weiblichkeitsideal der Zwischenkriegsjahre propagiert wurde und in denen ausführlich auf frauenspezifische Themen dieser Zeit, wie gesellschaftliche Ereignisse, Mode oder Kosmetik, eingegangen wurde (Vgl. Kessemeier 2000: 48).
Im deutschen Raum ging besonders der Ullstein Verlag auf diese Nachfrage ein, indem er Modejournale, wie Die Dame und Der Uhu, die auf die Interessen der parallel nebeneinander existierenden Frauentypen abgestimmt waren (Vgl. Petro 1989: 86), publizierte und die sowohl „[…] die wohlhabendere, intellektuell anspruchsvolle Leserin an[sprachen]“ (Zika 2006: 178) als auch Inspirationen und praktische Ratschläge für die breiten Massen boten (Vgl. Ganeva 2008: 50f.). So wahrte diese Art von Modejournal den diskriminierenden und symbolischen Charakter bisheriger Magazine und trieb gleichzeitig die Demokratisierung der Mode weiter voran (Vgl. Bourdieu 2010), die in den 1920ern bereits durch die Etablierung der Konfektionsmode ins Rollen gebracht wurde.
Die Dame blieb allerdings nicht konkurrenzlosin den 1920ern wurden Journale, wie die extravagante Styl (1922-24), Die deutsche Elite (1924-30) oder auch die deutsche Ausgabe der Vogue (1928-29), die sich jedoch vorerst nicht etablieren könnte, publiziert, die ebenfalls die moderne Frau der Zwanziger Jahre ansprachen (Vgl. Ganeva 2008: 55) und so manifestierten sich in Berlin fünf Gesellschaftszeitungen internationalen Charakters (Vgl. Follmann 2010: 64).

DARUM waren Modejournale in der Weimarer Republik so vielfältig

Doch die Magazine konkurrierten nicht nur untereinander, sie wurden auch durch das Medium Film, welcher sich in der Weimarer Republik einer großen Beliebtheit erfreute, herausgefordert (Vgl.: Völkel 2006: 100). Kaum ein mediales Produkt dieser Zeit sprach die schnelllebige Gesellschaft so sehr an, wie das bewegte Bild, weshalb Modemagazine ihrer Leserschaft nicht nur ein „bewusstes Layout [und] ein durchdachtes Zusammenspiel zwischen Bild und Wort […]“ (Völkel 2006: 101), sondern auch abwechslungsreiche und praxisorientierte Inhalte anbieten mussten. Diese Lücke konnte der Film zur damaligen Zeit nämlich nicht schließen, wodurch sich eine vorteilhafte Marktoption für die Journale auftat.
So hätten die Modezeitschriften dieser Zeit inhaltlich nicht mannigfaltiger aufgestellt sein können, da neben modespezifischen Themen, wie den neusten Kleidertrends und aktuellen Schnittmustern, auch Artikel über Personen des öffentlichen Lebens, Kosmetik, Haushalt, Kunst, Gesellschaft, Musik, Architektur, Theater, Sport – kurz gesagt: ein umfangreiches kulturelles Angebot – geboten wurden (Vgl. ebd.: 152). Neben diesen kulturellen Schwerpunkten und den vielen emanzipatorischen Ansätzen waren die Modejournale jedoch weiterhin darauf bedacht, eine der damaligen Zeit entsprechenden Lebensweise für die Frau und ihre wichtige Rolle in der Familie zu propagieren (Vgl. ebd.: 158), wodurch sie das wechselnde und gleichzeitig widersprüchliche Frauenideal dieser Jahre widerspiegelten (Vgl. Dogramaci 2006: 49).
Welchen Erfolg Modejournale, trotz der medialen Konkurrenz, in den Zwischenkriegsjahren feierten, ist vor allem daran zu erkennen, dass sich der Inhalt des Magazins Die Dame zwischen 1918 und 1925 verdreifacht hat und sowohl die inhaltliche als auch die ästhetische Aufbereitung mit den Jahren deutlich anspruchsvoller und hochwertiger gestaltet wurde (Abb. 1). Doch neben dem kulturell anspruchsvollen Teilen spielten auch Werbeanzeigen, die „[…] einen wesentlichen Anteil des Gesamterlöses einer Zeitschrift aus[machten]“ (Völkel 2006: 162), eine maßgebliche Rolle, da sie über 30% des Magazininhalts ausmachten. Dadurch waren Modejournale nicht nur ein kulturelles Produkt, sondern sie wurden auch zu einem kommerziellen Mittel und fungierten somit als ein Spiegelbild der konsumorientierten und schnelllebigen Gesellschaft der Weimarer Republik (Vgl. Wilson 2003: 157).
Je näher es allerdings auf die Machtübernahme der Nationalsozialisten hinzuging, desto stärker veränderte sich auch der Ton der Modejournale, da sich einige von ihnen ganz offensichtlich auf den Führerkult eingeschworen hatten (Vgl. Zika 2006: 180). So wurde erneut ein veraltetes Frauenbild propagiert, das bereits in der biedermeierlichen Epoche vorherrschte und welches die Frauen wieder in dem für sie vorgesehenen häuslichen Habitus verorten wollte. Gleichzeitig wurde eine von Paris unabhängige Mode beworben, um schließlich die schöpferischen Mächte der deutschen Modeindustrie zu demonstrieren (Vgl. Völkel 2006: 101).

Abb. 1: Vergleich Die Dame 1918 & 1924

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Verwendete Literatur:
Dogramaci, Burcu (2006): »Frauen, die ihr Geld selbst verdienen«. Lieselotte Friedlaender, der »Moden-Spiegel« und das Bild der großstädtischen Frau, in: Bung, Stephanie; Zimmermann, Margarete (Hrsg.): Garçonnes à la Mode im Berlin und Paris der zwanziger Jahre, Göttingen: Wallstein Verlag, S. 47-67.
Follmann, Sigrid (2010): Wenn Frauen sich entblößen…. Mode als Ausdrucksmittel der Frau der zwanziger Jahre, Marburg: Jonas Verlag.
Ganeva, Mila (2008): Women in Weimarer Fashion. Discourses and Displays in German Culture. 1918 – 1933, Rochester, NY: Camden House.
Kessemeier, Gesa (2000): Sportlich, sachlich, männlich: Das Bild der >Neuen Frau< in den Zwanziger Jahren. Zur Konstruktion geschlechtsspezifischer Körperbilder in der Mode der Jahre 1920 bis 1929, Dortmund: Edition Ebersbach.
Petro, Patrice (1989): Joyless Streets. Women and Melodramatic Representation in Weimar Germany, New Jersey: Princeton University Press.
Völkel, Anika (2006): Die Modezeitschrift. Vom “Journal des Luxus und der Moden” zu “Brigitte” und “Elle”, Hamburg: Verlag Dr. Kovač.
Wilson, Elizabeth (2003): Adorned in Dreams. Fashion and Modernity, London & New York: I.B. Tauris & Co Ltd.
Zika, Anna (2006): Ist alles eitel? Zur Kulturgeschichte deutschsprachiger Modejournale zwischen Aufklärung und Zerstreuung. 1750-1950, Weimar: Verlag und Datenbank für Geisteswissenschaften.

Abbildungsverzeichnis:
Abb. 1: Vergleich Die Dame 1918 & 1924, Collage, Links, aus: Die Dame, Heft 2, Ende Oktober 1918, S. 11; Rechts, aus: Die Dame, Heft 13, Mitte April 1924, S. 16.

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