Exhibition,  Fashion

Exhibition Review: Die Modesammlung des Museums für Kunst & Gewerbe in Hamburg

Nachdem ich mir bereits die Modesammlung im Kunst- und Gewerbemuseum in Berlin angeschaut habe und mehr als beeindruckt war, gehörte der Besuch des Museums für Kunst und Gewerbe in Hamburg, während meines Praktikums bei dem Grazia Magazin, natürlich ganz oben auf meine To-Do-Liste.
Doch leider wurde ich ziemlich enttäuscht. Nachdem ich in dem Museum in Berlin unzählige, atemberaubende Kreationen von den talentiertesten Designern des 20. Jahrhunderts bewundern konnte, ist die Sammlung des Hamburger Museums doch sehr ernüchternd. Schätzungsweise werden keine 100 Exponate ausgestellt und die, die gezeigt werden, sind leider auch nicht wirklich beeindruckend. Klar, einige Highlights gab es zwar zu sehen, aber in der Masse wirkten die Kreationen einfach nur lieblos in dunkle Glasvitrinen platziert. Dies soll jedoch kein Grund sein, nicht darüber zu schreiben, denn die ein oder andere Kreation sollte auf jeden Fall Erwähnung finden.

Emilio Pucci, Alexander McQueen & Jean Paul Gaultier – meine Highlights

Während mich Exponate, wie eine Bomberjacke aus der H&M x Versace-Kollektion, Charlston-Kleider aus den 20ern oder Kostüme von unbekannten Designern aus den 1930ern und -40ern weniger interessierten, haben einige  Exponate jedoch mein modeliebendes Herz höher schlagen lassen.
Darunter ein transparenter Trenchcoat mit fliederfarbenen Fellbesatz von Emilio Pucci aus dem Jahre 2016, der in dieser Saison in ähnlicher Form bei Chanel auf dem Laufsteg zu sehen war. Daran sieh man auch mal wieder, dass der Transparent-Look nichts Neues ist, sondern einfach wieder neu aufgegriffen und interpretiert wurde. Gleich neben diesem Trenchcoat stand mein ganz persönliches Highlight: der Hosenanzug in Batik-Optik von Alexander McQueen. Dazu muss ich sagen, dass mich die Arbeiten McQueens schon seit einigen Jahren fesseln und ich schon immer mal eines seiner Designs live bestaunen wollte. Seine rebellischen und doch so vollendeten Kreationen, die er durch außergewöhnliche Inszenierungen perfekt in Szene setzte, haben noch heute einen enormen Einfluss auf die Modewelt.
Im Rahmen der Sonderausstellung „Tiere – Respekt, Harmonie, Unterwerfung„, wurde auch ein, von Federn übersäter, Bolero aus der Frühjahr/Sommer-Kollektion 1997 von Jean Paul Gaultier ausgestellt. Für das kunstvolle Design verarbeitete der exzentrische Couturier Federn von Amazonenpapageien, Aras, Sittichen, Truthähnen und Hähnen. Doch anstatt diese Kreation für sich wirken zu lassen, musste man sie wirklich sehr merkwürdig inszenieren. Eine digitale Projektion eines Frauengesichts auf den Kopf der Figurine, das seine Lippen zu merkwürdigen Lauten bewegt, hat nicht, wie von den Kuratoren erwünscht, eine mystische, sondern eine lächerliche Szenerie geschaffen. Schade, da die Kreation an sich schon spektakulär war und ohne diesen ganzen Firlefanz eindeutig  besser zur Geltung gekommen wäre.

Karl Lagerfeld: Mit diesem Mantel begann seine Karriere

Auch wenn Karl Lagerfeld die traditionellen Designs von Chanel jede Saison wieder aus Neue beleben kann, von seinen Kreationen für sein eigenes Label (bis auf die Taschen mit Katzenmotiven?) bin ich weniger überzeugt. Mir kommt es immer so vor, als hätte der Couturier keine eigene Handschrift, sondern beherrscht lediglich die Imitation und Neuinterpretation von bereits existierenden Stilen. Es steht jedoch außer Frage, dass Karl Lagerfeld die heutige Modewelt durch seine polarisierende Art, wie kaum ein Anderer, beeinflusst und zu den wichtigsten Couturiers des 21. Jahrhunderts zählt.
Den Grundstein für seine Karriere, legte die Teilnahme Lagerfelds an einem Amateurwettbewerb des internationalen Wollsekretariats im Jahre 1954. Mit einem zitronengelben Wollmantel, der jetzt im Museum seiner Heimatstadt ausgestellt wird, belegte der damals 21-Jährige in der Kategorie „Mantel“ den ersten Platz und machte erstmals auf sich aufmerksam. Pierre Balmain, der in der Jury des Wettbewerbs saß, stellte den jungen Couturier daraufhin als Assistent ein und der prämierte Mantel ging für das französischen Modehaus in Produktion.

Früher war nicht alles schlecht…ganz im Gegenteil!

Auch wenn diese Ausstellung nicht unter meinen Favoriten landet, hat sie mir mal wieder vor Augen geführt, dass früher einige Dinge einfach besser waren als sie es heute sind. Eines dieser Dinge ist die Mode.
Während der Großteil der Kleidung bis in die 1960er Jahre noch kunstvolle Handarbeit, nach dem Motto „Qualität vor Quantität“, war und dank ihrer zeitlosen Eleganz mehrere Jahre getragen wurde, wird heute massenhaft textiler Schrott produziert und nach spätestens einer Saison wieder entsorgt, ohne dabei die Konsequenzen für die Umwelt zu bedenken. Dagegen könnte man eine Vielzahl der Kreationen, die in Hamburg ausgestellt werden, noch heute tragen, ohne dabei unmodern auszusehen oder was meint ihr?
Wenn euch ein ausführlicher Artikel über das Modesystem und den ganze Fast Fashion-Wahnsinn interessiert, lasst es mich doch gerne in den Kommentaren wissen. 🙂












2 Comments

  • Alexandra

    Ich liebe deine kritischen Reviews. Zu Karl Lagerfeld bin ich zwar komplett anderer Meinung, aber das macht ja nichts. 🙂 Die Designs für sein eigenes Label sind tatsächlich nur Marketing und soweit ich weiß, steht er nur mit seinem Namen dahinter und designt nicht selber. Ein Artikel zu Fast Fashion würde mich sehr interessieren, da ich mich auch viel mit dem Thema beschäftige.
    Liebste Grüße
    Alexandra von http://www.livinglikegolightly.com

    • Veni

      Hi Alexandra 🙂
      Dankeschön für deinen ausführlichen Kommentar. 🙂
      Das ist ja das schöne an der Mode – sie ist so abwechslungsreich und was dem Einen nicht gefällt, liebt ein Anderer. 🙂
      Dass die Designs seiner Eigenmarke nur Marketing sind und nicht von ihm designt wurden, wusste ich gar nicht. Da werde ich mal ein wenig zu recherchieren. 🙂

      Liebe Grüße
      Marvena

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